Urteile, Blogs und Artikel zum Wohnungseigentums- und Mietrecht

 

Anfechtung von Beschlüssen der Eigentümerversammlung - nach neuem WEG

Wann ist die Anfechtung des Beschlusses aus einer Eigentümerversammlung notwendig und erfolgversprechend? Die wichtigsten Fragen zur Form und zur Frist der Anfechtung von Eigentümerbeschlüssen. Zu den gesetzlichen Voraussetzungen für eine Aufhebung des Beschlusses im gerichtlichen Beschlussanfechtungsverfahren. Änderungen durch die Neufassung des Wohnungseigentumsgesetzes zum 1. Dezember 2020 (WEG-Reform 2020) sind berücksichtigt.

 

Wohnungseigentum in Zeiten der Corona-Pandemie

Hier einige aktuelle Informationen zu Problemen der WEG in Zeiten der Coronakrise und zu den gesetzgeberischen Bemühungen, die Wohnungseigentumsgemeinschaften und den WEG-Verwalter in Zeiten der Pandemie zu unterstützen:

1. Corona-Sondergesetz

Mit Zustimmung des Bundesrates wurde das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht beschlossen. Das Gesetz ist leider eine wenig unübersichtlich ist, da es viele Rechtsbereiche betrifft.

Für das WEG-Recht finden sich die maßgelblichen Regelungen in Artikel 2 § 6 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, der lautet:

§ 6 Wohnungseigentümergemeinschaften

(1) Der zuletzt bestellte Verwalter im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes bleibt bis zu seiner Abberufung oder bis zur Bestellung eines neuen Verwalters im Amt.

(2) Der zuletzt von den Wohnungseigentümern beschlossene Wirtschaftsplan gilt bis zum Beschluss eines neuen Wirtschaftsplans fort.

Diese Regelungen zum Wohnungseigentumsrecht durch das Coronagesetz sind zum 27.03.2020 in Kraft getreten und sollen bis auf Weiteres bis zum 31.12.2020 fortgelten.

Die Sonderregeln zur Coronakrise erscheinen übersichtlich und sind praktisch sicherlich von erheblicher Wichtigkeit.

2. Dringende Maßnahmen zu Reparaturen und Instandsetzungen ohne Beschlussfassung?

Eine weitere Frage hat der Gesetzgeber leider nicht geregelt. Wie steht es mit dringenden Maßnahmen zu Reparaturen bzw. Instandsetzungen?

Denn solche Maßnahmen erfordern grundsätzlich einen Beschluss durch die Gemeinschaft in einer Eigentümerversammlung. Auf Grund der Ausgangsbeschränkungen können derzeit jedoch keine Eigentümerversammlungen erfolgen. Die Eigentümergemeischaft muss jedoch handlungsfähig bleiben, auch wenn sie durch den Wegfall der Beschlussfassung in der Versammlung ihres wichtigsten Handlungsinstruments zeitweilig beraubt ist. Im sogenannten Umlaufverfahren, also auf schriftlichem Weg, kann ein Beschluss nur gefasst werden, wenn alle Eigentümer zustimmen; gerade bei größeren und großen WEG ist dies in aller Regel nicht erreichbar.

Das Justizministerium weist dazu in einem FAQ-Dokument darauf hin: "Das geltende Wohnungseigentumsgesetz (WEG) sieht bereits vor, dass der Verwalter in dringenden Fällen die zur Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Maßnahmen ohne vorherige Befassung der Wohnungseigentümer treffen darf (§ 27 Absatz 1 Nummer 3 WEG). Ein dringender Fall liegt vor, wenn die vorherige Befassung der Eigentümer in der Eigentümerversammlung nicht möglich ist. In diesen Fällen ist der Verwalter berechtigt und verpflichtet, ohne vorherigen Beschluss der Wohnungseigentümer alle unaufschiebbaren Maßnahmen veranlassen, z.B. für den Fall, dass dem gemeinschaftlichen Eigentum ein Schaden droht. Insbesondere notwendige Reparaturen können auf dieser Grundlage vom Verwalter veranlasst werden. Demnach bleibt die Gemeinschaft im Hinblick auf unaufschiebbare Maßnahmen in der durch die COVID-19-Pandemie ausgelösten Situation auch dann handlungsfähig, wenn keine Eigentümerversammlung durchgeführt werden kann.“

Es wird also verweisen auf die bestehende Notgeschäftsführungsbefugnis des Verwalters nach § 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG.

Dies führt sicherlich zu Zündstoff für Streitigkeiten und zu erheblichen Problemen und Haftungsrisiko für die Verwaltung.

Unter anderem könnte es schwierig werden, wenn einstweilige Behelfsmaßnahmen zu Gebote stehen, die zumindest auf mittlere Sicht die Gefahr bannen, aber nicht dauerhaft beseitigen. Manches spricht dafür hier im Zweifel nur solche Behelfsmaßnahmen zu ergreifen und wegen der dauerhaften Instandsetzung doch eine Beschlussfassung abzuwarten. Andererseits sind Fälle denkbar, in denen durch solche Behelfsmaßnahmen unangemessene Kosten entstehen, die vermieden werden können, wenn direkt eine reguläre Instandsetzung in die Wege geleitet wird. Solche Fragen können allenfalls im Einzelfall zufriedenstellend und hinreichend rechtssicher geklärt werden.

 

Kein Eigenbedarf mit der pauschalen Begründung, die derzeitige Wohnung sei "zu groß" 
LG Mannheim, Urteil vom 02.07.2014 – 4 S 137/13 (pdf-Datei)

Die Kündigung einer Wohnung wegen Eigenbedarfs ist nicht hinreichend präzise begründet, wenn der Vermieter in dem Kündigungsschreiben lediglich mitteilt, dass seine derzeitige Wohnung zu groß sei.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu einem anderen Urteil aus Mannheim, das auch eine Eigenbedarfskündigung betraf, geht seit Anfang 2015 durch die Presse. Dort hat der BGH nochmals bestätigt, dass eine Eigenbedarfskündigung wegen Voraussehbarkeit des Eigenbedarfs unter bestimmten Voraussetzungen ausgeschlossen ist. Entscheidend ist, dass der Vermieter den Mietvertrag abschließt, obwohl er entweder entschlossen ist oder zumindest erwägt, Eigenbedarf geltend zu machen, und dass er darauf nicht hinweist. Andererseits müssen Vermieter etwaigen Eigenbedarf nicht Jahre im Voraus planen (BGH Urteil vom 04.02.2015 – VIII ZR 154/14).
In einem Verfahren, das ich selbst im Jahr 2014 am Landgericht Mannheim geführt habe, hätte es ebenfalls nahegelegen auf die Voraussehbarkeit des Eigenbedarfs abzustellen. Tatsächlich wählte das Landgericht Mannheim hier einen anderen Weg, um die Klage der Gegenseite abzuweisen: Es stellte darauf ab, dass die Begründung zu der Kündigung nicht ausreichend gewesen sei. Die Begründung des Vermieters, seine derzeitige Wohnung sei zu groß, hat das Landgericht als nicht hinreichend präzise angesehen. Die Bezeichnung als „zu groß“ sei eine wertende Beschreibung und für den Mieter nicht nachprüfbar. Darauf hat das Landgericht hier sein Urteil gestützt.


Kündigung und Kündigungsfristen bei Mietwohnungen - Geltung der neuen Kündigungsfristen für Altverträge

Welche Kündigungsfrist gilt bei Ihrem Mietvertrag? Wann gelten die Kündigungsfristen des neuen Mietrechts auch für Altverträge?  Was ist bei Auspruch der Kündigung zu beachten?


Gegenseitiger Kündigungsverzicht
und Zeitmietvertrag

Zur Vereinbarung eines Kündigungsverzicht im Mietvertrag: Inwieweit ist dies zulässig und bindend? Zu der eingeschränkten Zulässigkeit von Zeitmietverträgen nach neuem Mietrecht: Inwieweit kann ein Kündigungsverzicht einen Zeitmietvertrag ersetzen?

 

Mannheim, den 31.03.2020 - Fachanwalt für das Miet- und Wohnungseigentum Paul Wegener


Anfechtung von Beschlüssen der Eigentümerversammlung -  gemäß Neufassung des WEG zum 1. Dezember 2020
 

1. Einführung
Wenn ein Beschluss nicht fristgemäß angefochten wird, ist er wirksam - auch wenn er rechtswidrig ist. Dies ist der Grundsatz.

Die Beschlussanfechtung muss binnen eines Monats seit Beschlussfassung gerichtlich geltend gemacht werden (§ 45 WEG).
Entscheidend für den Beginn der Monatsfrist ist das Datum der Beschlussfassung, also derjenigen Eigentümerversammlung, auf welcher der Beschluss gefasst worden ist.
Gleichgültig ist grundsätzlich das Datum des Protokolls der Eigentümerversammlung. Nur in sehr seltenen Fällen kommt eine Anfechtung nach Ablauf der Anfechtungsfrist in Betracht.
Entscheidend für die Einhaltung der Frist ist  der – tatsächliche – Eingang der Anfechtungsschrift bei Gericht. Die Einhaltung der Frist wird also in keiner Weise durch einen Brief an die Verwaltung oder den Verwaltungsbeirat bewirkt.
Nur in seltenen Ausnahmefällen, bei besonders gravierenden Fehlern, kommt Beschlussnichtigkeit oder das Vorliegen eines sogenannten Nichtbeschlusses in Betracht. Nur in diesen seltenen Fällen ist der rechtswidrige Beschluss von allein und ohne Weiteres unwirksam.
Nur wenn das Gericht die Rechtswidrigkeit des Beschluss feststellt und den Beschluss aufhebt, kann man sich auf die Unwirksamkeit des Beschlusses berufen (§ 23 Absatz 4 WEG). Andernfalls sind z.b. die Festetzungen von Vorschüssen oder Nachzahlungen von Kostenbeiträgen (Hausgelder nach Wirtschaftsplan bzw. Jahresabrechnung) nicht mehr angreifbar. Der betroffene Eigentümer kann sich nach Ablauf der Anfechtungsfrist nicht mehr auf Fehler der Abrechnung berufen und muss zahlen.

Auch bei sogenannten Negativ-Beschlüssen ist die Anfechtung des Beschlusses oft notwendig: Wenn z.b. der Antrag eines Eigentümers auf Durchführung einer bestimmten Instandsetzungsmaßnahme (z.b. Sanierung des Kellers wegen eindringender Nässe) durch die Mehrheit der Wohnungseigentümer abgelehnt wird, spricht man von einem Negativ-Beschluss. Um sich die gerichtliche Durchsetzung der Durchführung der Sanierungsmaßnahme offen zu halten, sollte in der Regel auch hier die gerichtliche Anfechtung erfolgen.
2. Typische Fehler von Beschlüssen

Im Hinblick auf die Übersichtlichkeit und wegen der unterschiedlichen Rechtsfolgen kann zwischen Verfahrensfehlern (formell-rechtliche Fehler) und materiell-rechtlichen Fehlern unterschieden werden.
Bei formell-rechtlichen Fehlern geht es um Fehler, die das Verfahren der Beschlussfassung betreffen. Es geht um Fehler, die gewissermaßen auf dem Weg zur Beschlussfassung eingetreten sind (z.b. Fehler der Einberufung zur Versammlung, Anwesenheit Unbefugter in der Versammlung). Materielle Fehler betreffen dagegen den Inhalt des Beschlusses: Kann z.b. über den betroffenen Gegenstand überhaupt ein Beschluss gefasst werden, oder ist eine Vereinbarung unter Einschluss aller Eigentümer notwendig? Oder widerspricht die Beauftragung eines bestimmten Handwerkers mit Instandsetzungsarbeiten dem Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung, weil das Angebot des Handwerkers unangemessen teuer ist?

Bei bloßen Verfahrensfehlern scheidet ausnahmsweise eine Aufhebung des Beschlusses aus, wenn sich der Fehler nicht auf das Ergebnis ausgewirkt hat. Es muss jedoch feststehen, dass der Beschluss auch ohne den Verfahrensfehler mit demselben Inhalt gefasst worden wäre.

Ein Verfahrensfehler kann etwa in folgenden Fällen vorliegen:
  • Der Gegenstand des betroffenen Beschlusses wurde in der Einladung nicht oder nicht hinreichend konkret bezeichnet (§ 23 Absatz 2 WEG).
  • Die Einladung wurde nicht an alle Wohnungseigentümer geschickt.
  • Die Einladungsfrist von grundsätzlich drei Wochen (§ 24 Absatz 4 WEG) wurde nicht eingehalten.
  • Die Einladung erging nicht in Textform (§ 24 Absatz 4 WEG, § 126b BGB).
  • Eigentümerversammlung zu unangemessener Zeit oder an einen ungeeignetem Ort
    Der Versammlungsort und -Raum muss groß genug und durch alle Eigentümer gut zu erreichen sein. Er muss so eingerichtet sein, dass die Einhaltung des Grundsatzes der Nichtöffentlichkeit der Versammlung (s.u.) hinreichend gewahrt ist.
    Onlineversammlungen nach der Neuregelung des § 23 Absatz 1 Satz WEG (WEG-Reform) sindlediglich zulässig, wenn dies - zuvor - durch Beschluss ausdrücklich bestimmt worden ist. Der Beschluss zur Einführung von Onlinversammlungen muss also vorher auf die klassische Weise, durch reale Versammlung oder durch einen sogenannten Umlaufbeschluss nach § 23 Absatz 3 (Allstimmigkeit ist erforderlich) erfolgt sein. Die rechtlichen Anforderungen an die technische Umsetzung solcher Versammlungen sind m.E. noch nicht hinreichend geklärt. U.a. sind hier Verstöße gegen den Grundsatz der Nichtöffentkeit der Versammlung naheliegend, s.u.. Auch das Recht auf (durchgehende und störungsfreie) Teilnahme an der Versammlung und Ausübung des Rederechts in der Versammlung muss technisch gewährleistet sein.
  • Fehlende Beschlussfähigkeit der Eigentümerversammlung wegen mangelnder Teilnahme - "Ein-Mann-Versammlung"?
    Nach § 25 Absatz 3 WEG alter Fassung galt, dass die Eigentümerversammlung nur beschlussfähig war, wen die erschienenen Eigentümer oder deren Vertreter mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentiert haben.
    Diese Regelung wurde durch die Neufassung des WEG, die zum 01.012.2020 in Kraft getreten ist, ersatzzlos gestrichen. Nun sind sogar sogenannte "Ein-Mann-Versammlungen" grundsätlich möglich. 
    Wenn die Verwaltung die Einladung zur Versammlung allerdings so formuliert, dass die Eigentümer nicht wirklich eingeladen und zum Kommen aufgefordert werden, sind dort gefasste Beschlüsse eventuell nichtig (AG München, Urteil v. 19.11.2020 – 483 C 8456/20 WEG).
  • Anwesenheit eines „Unberechtigten“ in der Eigentümerversammlung:
    Grundsätzlich ist die Eigentümerversammlung nicht öffentlich.
    Gäste dürfen allenfalls nur nach entsprechendem Mehrheitsbeschluss zur Geschäftsordnung teilnehmen.
    Auch Familienmitglieder, also Ehegatten und Kinder sind Gäste und dürfen grundsätzlich nicht teilnehmen. Wenn die Versammlung an einem öffentlichen Ort, im allgemeinem Gastraum einer Gaststätte oder im Freien stattfindet, ist ein Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit unvermeidlich.
    Problematisch sind insoweit Online-Versammlungen nach § 23 Absatz 1 Satz 2 WEG neuer Fassung nach der WEG-Reform 2020. Es erscheint fraglich ob und durch welche technischen Vorkehrungen sichergestellt werden kann, dass Unberechtigte mithören bzw. teilnehmen und einzelnen Eigentümer oder alle teilnehmenden Eigentümer in ihrer Willensbildung und -Kundgabe beeinflussen.
  • Verstoß gegen das Stimmverbot eines Eigentümers:
    Nach § 25 Absatz 4 WEG ist ein Wohnungseigentümer vor allem nicht stimmberechtigt, wenn es um den Abschluss eines Vertrages der Gemeinschaft mit ihm oder um einen Rechtsstreit der Gemeinschaft gegen ihn geht. Z.B. darf ein Eigentümer nicht mit abstimmen, wenn es um den Abschluss eines Handwerkervertrages der Eigentümergemeinschaft mit diesem Eigentümer geht.  Auch wenn über die Einleitung gerichtlicher Maßnahmen gegen einen Eigentümer abgestimmt wird, der mit seinen Hausgeldzahlungen in Verzug ist, darf dieser Eigentümer nicht mit abstimmen.
Typische materielle Fehler der Beschlussfassung. Materiell-rechtliche Fehler führen grundsätzlich zur Aufhebung des Beschlusses im gerichtlichen Anfechtungsverfahren, wenn nicht ausnahmsweise sogar die Nichtigkeit des Beschlusses festgestellt wird. Ein materiell-rechtlicher Fehler kann z.B. in folgenden Fällen vorliegen:
  • Kostenumlage nach falschem Umlageschlüssel:
    Eine fehlerhafte Kostenumlage kann insbesondere Wirtschaftspläne und Jahresabrechnungen bzw. die daraus folgenden Zahlungspflichten der Eigentümer  gemäß § 28 WEG (Hausgeldzahlungen) betreffen. Aber auch bei Beschlüssen über Instandhaltungsmaßnahmen (§ 19 Absatz 2 Nr. 2 WEG) oder bauliche Veränderungen (§§ 20, 21 WEG) können die Kosten falsch umgelegt sein.
    Fehlerhaft kann z.b. die Kostenumlage nach Zahl der Wohnungen statt Miteigentumsanteilen sein. Entscheidend ist welcher Umlageschlüssel sich aus dem Gesetz oder der Teilungserklärung ergibt. Grundsätzlich sind Kosten gemäß § 16 Absatz 1 WEG nach Miteigentumsanteilen umzulegen.
    In Teilungserklärungen können auch spezielle Regelungen zur Umlage von einzelnen Kostenarten enthalten sein. Es kann u.a. geregelt sein, dass die Instandsetzungskosten für Fenster, Dachfenster, Wohnungsabschlusstüren etc. alleine von den betroffenen Eigentümern getragen werden. Oder es kann geregelt sein, dass die Kosten für spezielle Einrichtungen und Sondereinbauten (z.B. für die Beheizung, Feuerschutzschutz, Dachgauben) nur von denjenigen Eigentümern getragen werden, deren Wohnung oder Teileigentum davon (in besonderem Maße) profitiert.
  • Kostenumlage einer Instandhaltungsmaßnahme auf die Gemeinschaft, obwohl Sondereigentum betroffen ist.
  • Bestellung eines Hausverwalters bei fehlender Eignung oder Zertifizierung:
    Es kann z.b. ein Verstoß gegen den Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung (§ 18 Absatz 2 WEG, 19 Absatz 1 WEG) vorliegen, soweit klar ist, dass der betroffene Verwalter bereits in der Vergangenheit in die eigene Tasche gewirtschaftet hat.
    Nach dem neuen WEG kann auch fehlende Zertifizierung des Verwalters nach § 19 Absatz 2 WEG i.V.m. § 26a WEG Anfechtungsgrund sein.
  • Abschluss eines Verwaltervertrages:
    Falls z.b. durch den Vertrag dem Verwalter Rechte eingeräumt werden, die diesem nicht gebühren oder Verwalterentgelte zugesprochen werden, die offensichtlich überzogen sind, kann ein Verstoß gegen den Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung (§ 21 Absatz 3 WEG) vorliegen.
  • Vergabe eines (technisch unzulänglichen) Instandsetzungsauftrages ohne vorige Einholung notwendiger Vergleichsangebote oder Gutachten:
    Bereits formell rechtlich sollten mehrere Angebote unterschiedlicher Handwerker beigezogen werden, bevor Beschluss zur Beauftragung eines bestimmten Handwerkers gefasst wird. Bei bautechnisch komplexen Instandsetzungen (z.B. Balkonsanierung an denkmalgeschütztem Altbau) ist darüber hinaus an erster Stelle ein sachverständiger Architekt oder Bauingenieur zu beauftragen, der in einem Leistungsverzeichnis niederlegt, welche Maßnahmen notwendig und technisch geeignet sind.
  • Vergabe eines Instandsetzungsauftrages zu überhöhtem Preis:
    Es kann ein Verstoß gegen den Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung (§ 18 Absatz 2 WEG, 19 Absatz 1 WEG) vorliegen, wenn z.b. andere Handwerker die notwendigen Arbeiten zu einem wesentlich günstigeren Preis angeboten haben.
  • Beschluss über eine „Renovierungsmaßnahme“, die weder eine bloße Instandhaltung noch Instandsetzung betrifft und die auch nicht als bauliche Veränderung nach § 20 WEG neuer Fassung zulässig ist (und über die nicht nach § 20 WEG und dessen Voraussetzungen Beschluss gefasst ist).
  • Beschlüsse zur Änderung der Teilungserklärung bzw. über bauliche Veränderungen nach § 20 WEG:
    Fragen, die bereits in der Teilungserklärung geregelt sind, können grundsätzlich nicht durch Mehrheitsbeschluss neu geregelt werden. Insoweit bedarf es einer Änderung der bindenden Vereinbarung durch eine neue Vereinbarung aller Eigentümer. Ob eine Änderung im Beschlusswege, also durch einen „allstimmigen Beschluss“, möglich und unanfechtbar ist, oder ob eine förmliche Änderung der Teilungserklärung beim Notar notwendig ist, ist vom Einzelfall abhängig.
    Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wurde durch die weitgehenden Neuregelungen in § 20 WEG geschaffen. Danach können in den dort genannten Fällen bauliche Veränderungen beschlossen werden:
    Es geht um Modernisierungsmaßnahmen zur Anpassung an neue technische Möglichkeiten und Bedürfnisse (Barrierefreiheit, Lademöglichkeiten für E-Fahrzeuge, Glasfasernetzanschluss usw.) und um die Gestattung baulicher Veränderung zu Gunsten und durch einzelne Wohnungseigentümer. Sehr unterschiedliche Fallgestaltungen sind von § 20 WEG erfasst, die rechtlichen Voraussetzungen (Zustimmungserfordernisse, Maß der Umgestaltung der Wohnanlage, notwendige Mehrheiten) sind ebenso vielgestaltig. Der Gesetzgeber hat versucht, die möglichen Regelungen zur Tragung der Kosten dieser Maßnahmen in § 21 WEG ebenso abgestuft zu gestalten.
Gerade die Art und Zahl möglicher materieller Beschlussfehler ist unübersehbar. Obige Aufstellung ist darum lediglich beispielhaft.

 

Diese Veröffentlichung wurde zuletzt am 16.02.2022 durchgesehen. Sie beruht auf dem Rechtsstand zu diesem Zeitpunkt. Insbesondere die Änderungen durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG), das zum 01.12.2020 in Kraft getreten ist, wurden berücksichgt. Der vorige Rechtsstand ist aus diesem Grunde grundsätzlich nicht mehr berücksichtigt.

Kündigung und Kündigungsfristen bei Mietwohnungen - Geltung der neuen Kündigungsfristen für Altverträge

Mit Wirkung zum 01.09.2001 wurde das Mietecht umfassend neu geregelt. Nach neuem Mietrecht gelten unter anderem andere Fristen zur Kündigung von Mietwohnungen.  Die neuen Kündigungsfristen sind für den Mieter günstiger. Die Kündigungsfrist für Kündigungen durch den Mieter beträgt danach immer nur drei Monate.
1. Fraglich ist vor allem, welche Kündigungsfristen gelten für Altverträge über Wohnraum: Welche Fristen sind einzuhalten, wenn der Mietvertrag noch vor dem 01.09.2001 geschlossen worden ist? Welche Fristen gelten insbesondere, wenn im alten Mietvertrag noch die alten Kündigungsfristen ausdrücklich wiedergegeben oder in Bezug genommen sind?
Die neuen Fristen gelten in der Regel auch für Mietverträge, die bereits vor Inkrafttreten der Mietrechtsreform, am 01.09.2001, abgeschlossen wurden. 
Dies gilt zumindest für Kündigungen, die dem Mieter ab dem 01.06.2005 zugegangen sind. Erst nach Inkrafttreten der Mietrechtsreform wurde die maßgebliche Übergangsvorschrift zum 01.06.2005 nochmals geändert. Zuvor war die Rechtslage unübersichtlich. Nach den Urteilen des BGH vom 18.06.2003, Az: VIII ZR 240/02 sowie vom 10.03.2004, Az. VIII ZR 64/03 war die Gestaltung des betroffenen Mietvertrages detailliert zu prüfen.
Für Kündigungen, die dem Mieter ab dem 01.06.2005 zugegangen sind, gelten also grundsätzlich die neuen Kündigungsfristen. Dies ist auch dann der Fall, wennim Altvertrag noch die alten Kündigungsfristen aufgenommen sind. Die alten Kündigungsfristen gelten ausnahmsweise allenfalls noch dann, wenn in dem Altvertrag dies ganz individuell vereinbart worden ist.
2. Aber wie lange sind die Kündigungsfristen nach neuem Mietrecht?
Es gilt: Die Kündigungsfrist beträgt immer drei Monate, wenn der Mieter die Kündigung ausspricht. 
Nur die Kündigungsfrist für den Vermieter ist gestaffelt. Sie beträgt je nach Länge des Zeitraums, der seit Überlassung der Wohnung verstrichen ist, zwischen drei und neun Monaten. Im einzelnen beträgt diese Frist bei null bis fünf Jahren Mietdauer drei Monate, bei mehr als fünf Jahren Mietdauer sechs Monate, bei mehr als acht Jahren Mietdauer neun Monate.
3. Darüber hinaus ist nach neuem (wie auch schon nach altem) Mietrecht bei der Kündigung von Mietverträgen zu beachten: 
Die Kündigung muss in schriftlicher Form spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats bei der Gegenseite (Mieter/Vermieter) zugegangen sein. Dann wird sie (frühestens) zum Ablauf des übernächsten Monats, also knapp drei Monate später (Mindestkündigungsfrist) wirksam. Aufpassen muss man, da Samstage bei der Fristberechnung grundsätzlich als Werktage mitgerechnet werden (BGH Urteil v. 27.4.2005, Az.: VIII ZR 206/04). Und wer gekündigt hat, muss dies, wenn es hart auf hart kommt, auch beweisen können.
Unwirksam sind Vertragsvereinbarungen, die den Mieter gegenüber den gesetzlichen Fristen benachteiligen (Beispiel: Es gilt die gesetzliche Mindestkündigungsfrist von drei Monaten, nach dem Vertragstext soll der Mieter aber nur zum Ende des Quartals eines Kalenderjahres kündigen dürfen; diese Vertragsvereinbarung ist ungültig). 
 
 
Stand: August 2005; Rechtsanwalt Paul Wegener, Ludwigshafen/Rhein

Gegenseitiger Kündigungsverzicht im Mietvertrag
 
Bei Mietverträgen über Wohnungen ist nach der Neuregelung des Mietrechts zum 01.09.2001 zu beachten: Zeitmietverträge (Mietverträge auf bestimmte Zeit) sind nur noch sehr eingeschränkt zulässig. Nach § 575 BGB sind Zeitverträge nur dann noch zulässig, wenn der Vermieter ein besonderes, im Gesetz ausdrücklich genanntes Interesse an der Befristung hat.
Als besonderes Interesse kommt praktisch vor allem Eigenbedarf in Betracht. Wenn Eigenbedarf bereits bei Vertragsschluss absehbar ist (z.B. Tochter soll in einem Jahr zu studieren beginnen und dann die Wohnung in der Universitätsstadt nutzen), kann noch ein Zeitmietvertrag abgeschlossen werden. Neben Eigenbedarf können eventuell ein geplanter Abriss oder eine geplante Generalsanierung der Wohnung die Befristung erlauben.
Da Zeitmietverträge also nur noch sehr eingeschränkt möglich sind, stellt sich die Frage, ob auch auf andere Weise insbesondere eine längere vertragliche Bindung erreicht werden kann.
Oft liegt dies durchaus auch im beiderseitigen Interesse von Vermieter und Mieter. Wenn z.b. der Mieter umfangreiche Renovierungs- oder Umbaumaßnahmen übernimmt, wird der Mieter ein Interesse daran haben, sicher zu sein "den Lohn seiner Arbeit" längere Zeit genießen zu können. Dem Vermieter mag es dann darum gehen, dass er nicht nach kurzer Zeit Probleme mit der Neuvermietung der Wohnung hat, weil deren Ausgestaltung nicht mehr ohne weiteres dem allegemeinen Geschmack entspricht.
Insofern ist zu fragen: Kann auf das Recht zur ordentlichen Kündigung verzichtet werden?
Der Bundesgerichtshof hat durch Urteil vom 22.12.2003 (Az. VIII ZR 81/03) einen Fall entschieden, in dem die Mieter einer Wohnung befristet auf ihr Kündigungsrecht verzichtet hatten. In einer handschriftlich in den Vertrag eingefügten Regelung stand: "Die Mieter verzichten für die Dauer von 60 Monaten auf ihr gesetzliches Kündigungsrecht".

Der Bundesgerichtshof entschied: Dieser Verzicht auf das Kündigungsrecht ist wirksam. Dies mag erstaunen, denn erstens scheint die Neuregelung des Zeitmietvertrags in § 575 Bürgerliches Gesetzbuch entgegenzustehen. Hinzu kommt: Nach dem Wortlaut von § 573 c Absatz 3 Bürgerliches Gesetzbuch kann von den Regelungen über das gesetzliche Kündigungsrecht nicht zum Nachteil des Wohnungsmieters abgewichen werden. Der Bundesgerichtshof stellte dem gegenüber darauf ab, dass auch nach den Vorstellungen des Gesetzgebers bei der Neuregelung des Mietrechts ein Ausschluss des Kündigungsrechtes zulässig bleiben sollte.

Der Bundesgerichtshof stellte dabei heraus: Dieser einseitige Verzicht ist zumindest bei einer einzelvertraglichen - also nicht formularmäßigen Vereinbarung in der Art allgemeiner Geschäftsbedingungen - wirksam.

In weiteren Entscheidungen setzte sich der Bundesgerichtshof dann mit Mietverträgen auseinander, in denen beidseitig - durch den Mieter und den Vermieter - für eine gewisse Zeit das Kündigungsrecht ausgeschlossen worden war. In diesen Fällen war der entscheidende Punkt, dass der Kündigungsausschluss durch formularmäßige Vereinbarungen ausgeschlossen war.

In dem insoweit grundlegenden Urteil vom 30.06.2004 (Az. VIII ZR 379/03) entschied der Bundesgerichtshof: "Eine Bestimmung in einem Formularmietvertrag über Wohnraum, wonach die ordentliche Kündigung innerhalb der ersten zwei Jahre nach Vertragsschluss für beide Seiten ausgeschlossen ist, ist nicht nach § 307 BGB unwirksam."
Insoweit sei abschließend klargestellt, es geht hier und im Folgenden nur um das Recht zur ordentlichen Kündigung. Eine außerordentliche Kündigung etwa wegen Mietzahlungsverzugs oder wegen gesundheitsgefährdendem Zustand der Wohnung bleibt unberührt.

Zusammenfassend ist für betroffene Vermieter und Mieter festzuhalten:

1. Bei einem einseitigen Verzicht nur durch den Mieter ist darauf zu achten, dass keine formularmäßige, sondern eine individuelle Vereinbarung vorliegt. Anderenfalls ist die Wirksamkeit des Kündigungsverzichts zumindest zweifelhaft.
Eine formularmäßige Vereinbarung ist nicht etwa allein dadurch ausgeschlossen, dass der Verzicht handschriftlich abgefasst ist. Eine formularmäßige Vereinbarung liegt zum Beispiel bereits vor, wenn der Vermieter diese Klausel mehrfach verwendet, oder dies auch nur vorhat. Ob die Verzichtsklausel im fertigen Vertragsformular ausgedruckt oder handschriftlich abgefasst ist, ist insofern nicht entscheidend. Ist der Vermieter Unternehmer, der Mieter hingegen Verbraucher, so reicht es ohne weiteres, dass der Kündigungsverzicht durch den Vermieter in den Vertrag aufgenommen wurde.

2. Ein Kündigungsverzicht der zeitlich befristet für beide Seiten gilt, ist auch durch Formularverträge möglich. Dies gilt zumindest nach derzeitiger Auffassung des Bundesgerichtshof.

3. Zur höchstzulässigen Länge eines ein- und zweiseitigen Kündigungsverzichts liegt noch keine eindeutige Rechtsprechung vor. In der Fachliteratur wird davon ausgegangen, dass eine Höchstdauer von vier bis fünf Jahren jedenfalls zulässig sei.
 


Stand: September 2004; Rechtsanwalt Paul Wegener, Ludwigshafen/Mannheim
 
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